In einer Zeit, in der Wissen alles ist, fehlt es vielerorts an Weisheit.
Auch im Business.
Man kann sich enorm viel Wissen aneignen und es dennoch nur konsumieren, unterhalten oder funktionalisieren. Weisheit hingegen speist sich über Wissen und Erfahrung hinaus noch durch ein intuitives, feines Gespür und inneren Haltung.
Weisheit
Was ist das?
Das mag Tür und Tor öffnen für weitläufige Diskurse. Es gibt diverse Definitionen und Auslegungen von Weisheit. Doch mein Ansinnen ist es, an dieser Stelle eine schlichtere Form der Annäherung zu wählen, im Sinne einer Erklärung, die jedes Kind in seinem Herzen als wahr abnicken könnte. Denn wer kindlich offen schaut, wird jede Schlitzohrigkeit, Gewitztheit oder Schläue in ihrer möglichen Absicht eines Eigenvorteils oder Selbsterhöhung entlarven. Es ist immer die Absicht hinter dem schlauen Verhalten, das zählt. Es sollte einem höheren Wert dienen, das dem jeweiligen eigenen Wohl und dem allgemeinen Wohl zuträgt, indem es vor allen Dingen vor Schaden schützt. Sonst nickt das Kind nicht.
Ich spreche hier also von einer Weisheit, die ein tiefes Verstehen und Erkennen von Zusammenhängen und Auswirkungen bedeutet. Sie fördert Sinn und Richtung im bestmöglichen Umfang. Sie dient dem Bild von Wohl und Gedeihen auf lange Sicht. Für die einzelnen Menschen, die Gesellschaft und die Natur gleichermaßen.
Weisheit drückt sich aus in aktivem Handeln und Sprechen sowie bewusstes Unterlassen von Handeln und Sprechen. Oftmals ist in dem akuten Moment die Weisheit nicht zwingend für alle ersichtlich und erst mit zeitlichem Abstand und Verlauf der Geschehnisse mag sich die Tat oder das Wort nachträglich als recht oder wahr erweisen. Es braucht also Vertrauen in den Weisen.
Business heute
Sind die maßgeblichen Verantwortlichen im Business weise und vertrauenswürdig?
Spüren wir, dass sie zum Wohl ihrer selbst und der Anderen Handel treiben?
Sehen wir, dass sie dabei die Umwelt ebenso wertschätzen, wie sich selbst?
Es wächst die Zahl der Bücher und Vorträge im Bereich Wirtschaft über die dringliche Aufforderung, den Irrweg des ewigen Wachstums zu beenden. Business heute stellt sich dar als ein immer härter ausgefochtener Kampf:
Kampf in Konkurrenz, Kampf gegen Zeit, Kampf gegen Nachhaltigkeit.
Denn der Blick ist nicht auf lange Sicht gerichtet, der Blick richtet sich quartalsmäßig auf kurze Sicht. In knappen Zeitintervallen gilt es das Maximum an Geld zu erwirtschaften, nicht das Maximum an Sinn und Gemeinwohl auf Dauer zu erreichen.
Es erzeugt Druck. Für alle Beteiligten. Druck seitens der Shareholder, Druck der Konkurrenten, Druck der Globalisierung, Druck einer angestrebten Rendite, Druck maximaler Produktionsauslastung, Druck die Opportunitätskosten maximal auszunutzen, Druck mit minimalem Personal maximale Arbeit zu generieren, Druck innovativer Wettbewerbsfähigkeit, Druck der Billigwarenkonkurrenz, Druck Branchen zu erhalten, Druck der Kundengewinnung, Druck der beliebigen Verfügbarkeit, Druck von Image-Erhalt, Druck der Schulden usw. Dieser wirklich immense Druck spiegelt sich in den steigenden Statistiken zu Krankmeldungen, Depressionen und Kündigungen wider.
Erfolg
Erfolgreiches Business wird heutzutage vorwiegend bemessen am Gewinn. Sicher, Geld zu erwirtschaften ist sinnvoll. Es ist das Tauschmittel unter Menschen und bietet Entfaltung, Gestaltung und Entwicklung. Geld alleinig ist jedoch kein Maß für Erfolg.
Mich hat einmal die Frageliste S.H. Dalai Lama bezüglich des rechten Umgangs mit Geld und Wohlstand in ihrer Schlichtheit fasziniert. Die Fragen sind einfach zu verstehen, wenn auch für manch einen nicht leicht zu beantworten. Sie dienen einer Selbstreflektion und auch Selbsterkenntnis. Ähnlich wie in der Fragepyramide zur CS (corporate soul), dem Format der so genannten „Logischen Ebenen“ von Robert Dilts, wird auch hier das Verhältnis von Ego und Seele eines Unternehmens deutlich.
Die Ego-Seite ist zuständig für all das, was es braucht, um überhaupt Erfolg erzielen zu können (Ehrgeiz, Wille, Wissen, Einsatz, Rolle, Funktion, Kompetenz, Strategie, Erfahrung etc.).
Die so genannte Seelen-Seite des Unternehmens repräsentiert die Ausgewogenheit zum Ego (Begeisterung, Hingabe, Talent, Beitrag, feines Gespür, Bewusstsein, Mission, Vision etc.). Dabei wird hier von Erfolg gesprochen, wenn das Ego der Seele dient.
Schauen wir nun auf die Frageliste S.H. Dalai Lama:
- Haben Sie Ihren Wohlstand auf rechtmäßige Weise erworben?
- Hat Ihr Wohlstand nur Sie glücklich gemacht?
- Hat Ihr Wohlstand auch Andere glücklich gemacht?
- Haben Sie Ihren Wohlstand mit Anderen geteilt?
- Haben Sie mit Ihrem Wohlstand Gutes getan?
- Hängen Sie an oder sind Sie in Ihren Wohlstand verliebt?
- Achten Sie auf die Gefahren des Wohlstands?
- Sind Sie im Besitz der Erkenntnis, die zu spiritueller Freiheit führt?
Die Fragen reichen weit über das Business hinaus in die ganz individuelle Lebenshaltung als Mensch. Und genau hier erweist sich die Weisheit und Stärke eines Unternehmers, als Mensch unter Menschen.
Was wäre weises Business?
Ein ausgewogenes Business:
Das eigene Wohl, das der Anderen und der Erde sind darin berücksichtigt.
Das Ego dient der Seele des Unternehmens für sein Wohl und Gemeinwohl.
Die Menschen vertrauen dem Unternehmer in seiner Führungsposition und Werten.
Die Arbeit der Menschen macht Sinn und begeistert sie in ihrem Tun.
Hier entfaltet sich Weisheit:
Der Blick ist auf Nachhaltigkeit gerichtet, auf Bestand über Zeit.
Die Fürsorge gilt allen Beteiligten: Menschen, Projekt, Profit, Sinn und Umwelt.
Der Zusammenhalt unter gleichen Werten sorgt für Sicherheit und Vertrauen.
Die Herausforderungen globaler Bewegungen werden kooperativ gelöst.
Wir sehen in der heutigen Zeit, wie sich die Muster der radikalen Gewinnmaximierung und der stete Börsendruck auf die Menschen und die Erde über lange Sicht auswirken. Es verschleißt Menschen und Ressourcen. Es macht krank. Das ist nicht weise. Es braucht eine achtsame Wirtschaft.
S.H. Dalai Lama sagte einmal:
„Der Mensch überrascht mich am meisten.
Denn er opfert seine Gesundheit, um Geld zu machen.
Dann opfert er sein Geld, um seine Gesundheit wiederzuerlangen.
Und dann ist er so ängstlich aufgrund der Zukunft,
dass er die Gegenwart nicht genießt.
Das Resultat ist, dass er nicht in der Gegenwart lebt.
Er lebt, als würde er nie sterben, und dann stirbt er
und hat nie wirklich gelebt.“
In diesem Sinne:
lasst uns achtsam und weise unseren Beitrag in die Welt geben und Anderen ein Beispiel darin sein.