Gespür für Bildung – Vision Summit „EduAction“

Bildung für das 21. Jahrhundert” zum Thema „Kooperation“

Woran scheitert heutzutage eine echte Kooperation?

Schauen wir einmal in die Podiumsdiskussion in Berlin beim Vision Summit mit dem Schwerpunkt “EduAction – Bildung für das 21. Jahrhundert”. Hier wird das Thema nämlich rege von Menschen aus Bildung, Business und Personalwesen diskutiert mit:
Thomas Sattelberger, Prof. Dr. Gunter Dueck, Prof. Ulrich Weinberg, Prof. Gerald Hüther, Margret Rasfeld, Peter Endres, Dr. Heike Kahl und Niko.

Ich durfte als Gastsprecherin einen Aspekt einbringen, den ich nun schon über mehrere Jahre beobachte und dem ich in meinen Coachings immer wieder begegne:

Konzerne und Unternehmen bemühen sich sehr um Innovation und Wissens-Upgrade, bemühen sich um Nennung auf der Liste „Bester Arbeitgeber“ und kreative Arbeitsplatzgestaltung. Sie schicken regelmäßig ihre Mitarbeiter/innen in angesagte Trainings und Weiterbildungsmaßnahmen. Auch deshalb, damit sie gut kooperieren. Seit vielen Jahren sind beispielsweise Seminare zu Soft Skills, Motivation und Kommunikationsmodellen sehr gefragt. Auch Achtsamkeit rückt zunehmend in den Fokus, teilweise mit fragwürdigen Absichten.

Interessanterweise scheint das jeweils neu erlernte Wissen aus den Weiterbildungen jedoch im hoch getakteten Berufsalltag keine Zeit und keinen Raum zu finden, um tatsächlich einzeln oder gar gemeinsam kultiviert werden zu können.

 

Meine Frage in die Runde lautet also:

Wie findet man zumindest für sich selbst in dem Gefüge diese Lücke, um sein Erlerntes anzuwenden? Um angemessen kooperativ sein zu können?

Und ergänze noch, dass die Möglichkeit in einem schlichten und einfachen Schritt liegen könnte: Achtsam zu werden. Den Augenblick achtsam wahrzunehmen, so wie er gerade ist. Es  erlaubt eine so genannte „Besinnung“ und dadurch umfassende Einschätzung der Lage und Dinge. (Man schaltet quasi vom denkenden Autopilot auf wahrnehmende Präsenz.)

Die berühmte Zeit-Lücke im schnellen Berufsalltag ließe sich also finden auf dem Weg zum nächsten Meeting, zur Toilette oder Kaffeeautomaten, um einmal innezuhalten und sich wortwörtlich zu besinnen. Aus Präsenz heraus ergibt sich quasi naturgemäß eine wertschätzende Kommunikation, wirkliches Zuhören, um wirklich etwas bewirken bzw. miteinander kooperieren zu können.

Dieser Aspekt wird von vielen in der Runde geteilt. Doch nun werden Fakten aus dem Konzernalltag und Personalmanagement hergeleitet, die veranschaulichen, wie Achtsamkeit bzw. Kooperation durch das eingerichtete Leistungssystem erschwert bzw. verunmöglicht wird. Nachfolgend die verschiedenen Impulse der Runde:

 

Kriterien, die eine gedeihende Kooperation verhindern:
  • der erste Feind der Kooperation ist: das vergleichende Bewerten
  • der zweite Feind der Kooperation ist: die Leistungsbeurteilung Einzelner
  • Managementtheorien und Shareholderwellen fordern eine Leistungsbewertung immer als Glockenkurve, es dürfen nicht alle top bewertet werden und alles muss „measurable“ bleiben, sowohl Menschen als auch Projekte
  • dies fördert die Einstellung: ich gegen die Anderen, statt ich mit den Anderen

(Gerangel um die eine Gehaltserhöhung, die eine Beförderung, den  Bonus, Creditpoints etc.)

  • Kooperation ist hingegen eine Sache der inneren Haltung zu mir, meinen Werten, meinem Team, meinem Unternehmen
  • die meisten Menschen haben in ihrer gesamten Laufbahn wahre Zusammenarbeit und deren ansteckende Wirkung aufgrund des bereits in der Schule beginnenden Bewertungsprinzips meist gar nicht erlebt
  • es wird eher der gehört, der am lautesten brüllt
  • wahre Kooperation geschieht in Beziehung zu Anderen (außen) und zu mir selbst (innen) und an guten Beziehungen und Achtsamkeit mangelt es
  • das Team fühlt sich mit dem neuen Wissen allein und hat erfahrungsgemäß nur dann eine Chance, wenn es als einheitlich geschlossene Abteilung das Neue selbst einzuführen versucht; viele jedoch fürchten hierbei den Verlust der Gunst der Führungskraft

 

Fazit:

Kooperation bedeutet ein kollektives Miteinander. Nicht ein Miteinander im gemeinschaftlich individuellen Gegeneinander. Letzteres ist ein Widerspruch in sich. Und es entspricht nicht unserer Natur als Mensch.

Die derzeit in Bildung und Business noch immer vorherrschenden Leistungsparameter fördern Konkurrenz. Nicht erst im globalen Wettbewerb, sondern bereits in der Schule, Ausbildung, Uni, in der eigenen Abteilung, im eigenen Unternehmen.

Konkurrenz erzeugt sicherlich vorübergehende Gewinn- und Leistungsspitzen durch Druck, Angst, Zwang und Stress im steten Gegeneinander. Jedoch nicht nachhaltig, also nicht auf lange Sicht. Denn es löst nicht nur einen hohen Verschleiß aus, sowohl bei Menschen als auch bei Unternehmen, als auch bei unserem Planeten, sondern es verursacht vor allem den Wegfall des kostbarsten Kapitals des Unternehmens: die freiwillige Höchstleistung der dort tätigen Menschen. Wenn Menschen beliebig austauschbar und Märkte beliebig ausgedehnt werden zum eigenen Vorteil auf Kosten Anderer, ist es über kurz oder lang die selbst geschaufelte Krise oder gar Schließung. Menschen geben alles, wenn sie Sinn, Richtung, Wertschätzung auf menschlicher Ebene erfahren.

Das achtsame Miteinander einer gesunden Corporate Soul ist ein geeigneter Auslöser für nachhaltiges Gedeihen. Die innere Haltung und die daraus entstehenden Beziehungen aller Beteiligten in Zugehörigkeit und Kreativität lösen wir auf natürliche Weise Erfolg aus. Wechselnde Bedarfe werden erkannt und bedient. Immer wieder neu.

Bedarfe werden nicht künstlich kreiert oder erhalten, um bestimmte Märkte zu sichern, sondern es werden neue Märkte und gemeinsames Leben zugleich geschaffen.

Teilhabe und Einsatz sind laut Prof. Hüther von Natur aus neurobiologische Grundbedürfnisse des Menschen. In kreativer Kooperation gedeihen Mensch und Projekt gleichermaßen. Möge es immer mehr mutige Leitende und Führungskräfte geben, die ihr System und ihren Stil dahingehend förderlich verändern.

Hier geht es zum Videoausschnitt der Podiumsdiskussion: