Gespür für CS – Corporate Soul

Corporate Soul (CS) – die Seele im Business

Seele. Business. Es klingt, als würden zwei unvereinbare Aspekte miteinander in Verbindung treten. Die Seele als das unsichtbar wirkende Herz des Unternehmens ist an der Haltung aller spürbar.

Nähern wir uns dem Begriff einmal darüber an, woran Menschen im Unternehmen die CS spüren können.

Was heißt Corporate Soul?

Wikipedia beschreibt die CS  als einen Charakter, der einen Wiedererkennungswert des Unternehmens nach innen und außen bildet. „Jedes Unternehmen, jedes Produkt, jede Dienstleistung oder Marke hat eine Persönlichkeit, ist also durch bestimmte Merkmale und Eigenschaften gekennzeichnet. Grundlegend für die Definition der Corporate Soul ist das Herausarbeiten der wesentlichen Charakteristika eines Unternehmens.

Als „Spirit“ findet sich die Corporate Soul in allen Erscheinungsformen einer Marke bzw. eines Unternehmens wieder: von Logo, Corporate-Design-Elementen und Messeständen bis zu Internetauftritten oder Architektur. Auch das Handeln und Verhalten der Mitarbeiter wird von der Corporate Soul geprägt und geleitet. Dadurch, dass sich die Persönlichkeit auf allen Ebenen wiederfindet, wird das Unternehmen oder das Produkt als authentisch wahrgenommen. “ So der Wortlaut bei Wikipedia.

Allem haftet also der Duft des „Spirits“ an und macht die Seele des Unternehmens aus. Sprich allen Produkten und vor allen Dingen allen Menschen darin.

 

Die Seele im Business

Der erste Unternehmensberater und Trainer, der auf meinem Ausbildungsweg über die „Seele des Unternehmens“ sprach, war Robert Dilts. Damals war ich positiv überrascht von einem NLP-Trainer solch eine Thematik und Haltung präsentiert zu bekommen. NLP war bei vielen Menschen in Verruf geraten, da es vielerorts fehlverstanden, fehlbenutzt und fehlvermittelt wurde.

Robert Dilts verstand und lehrt NLP anders. Er muss es wissen, denn er selbst ist einer der Gründer des einstigen NLP (Neurolinguistischen Programmierens) aus U.S.A. und hat es weit über den damaligen Rahmen hinaus fort entwickelt. Heute ist der Ansatz von NLP 3rd Generation, wie es inzwischen genannt wird, ganzheitlich, d. h. es berücksichtigt nicht nur das Denken (cognitive mind) und den Körper (somatic mind) wie einst, sondern auch die Verbindung zu einer größeren Intelligenz (field mind) im gemeinsamen Zusammenspiel aller Komponenten.

Inzwischen begleitete ich Robert seit nunmehr 10 Jahren auf seinen Auftritten in den D-A-CH Ländern als Übersetzerin bei seinen Events und den After Event Veranstaltungen. Dabei gab es unzählige Gespräche und auch stundenlange begeisterte Diskussionen über die bisherigen Formate im NLP, Herausforderungen, Verbesserungen, Erweiterungen für die Menschen, für die Welt und wie sie immer wieder ein bischen besser mitgestaltet werden kann. So habe ich hautnah miterlebt, wie und warum sich verschiedene Modelle verändert und erweitert haben.

Eines seiner Formate hat er mit den Jahren immer weiter fortentwickelt und die Grundstruktur um die Aspekte „Ego and Soul“ erweitert:

Die logischen Ebenen

Was macht dieses Format so kraftvoll?

Menschen lieben es, wenn die Dinge einen Platz haben und es eine überschaubare Ordnung gibt. Es erleichtert die Zurordnung der Dinge und offenbart schnell Korrekturmöglichkeiten bei möglichen Fehlentwicklungen.

So ähnlich funktioniert dieses Format. Es macht in einer Krise oder bei einem Problem deutlich, an welchen Stellen im Gesamtgefüge etwas unter- oder überversorgt ist. Diese Unausgewogenheit oder Verzerrung kann korrigiert werden. Eine solche Erkenntnis ist weitreichend. Denn jede Ebene wird von den darüber liegenden beeinflusst. Dies zu wissen erleichtert und verkürzt die aufwändige Suche nach der Problemursache.

Sprich: wer in seiner Leistung plötzlich dauerhaft abfällt, trotz körperlicher Gesundheit, trotz einer geliebten Stelle und erfreulichen Kompetenz (Ebene „Wie – Fähigkeiten, Funktion“), trotz eines stimmigen Arbeitsplatzes (Ebene „Wo – Umgebung“), kann direkt auf den höheren Ebenen auf Suche gehen. Oft ist es die innere Haltung, die ins Wanken geraten ist (Ebene „Warum – Werte“) oder man sich noch zu ganz anderen Aufgabe mehr und mehr gerufen fühlt (Ebene „Wofür, das größer ist als ich“).

Wenn die Ebene einmal enttarnt ist, dann kann nachgeschaut werden, ob es hier zu einer Unausgewogenheit gekommen ist. Sind das Maß der Autorität in der jeweiligen Position in Ausgleich mit der inneren Motivation für die Stelle? Sind Anerkennung und Beitrag ausgewogen?

Wir Menschen haben von Natur aus beide Kräfte in uns angelegt, um Erfolg als Erfolg wahrzunehmen:
Die Kräfte des Ego und die Kräfte der so genannten Seele.
Es braucht beide, um volles Potential und alle relevanten Ressourcen als Mensch nutzen zu können, um persönlichen wie unternehmerischen Erfolg, körperliche Gesundheit und menschliche Zufriedenheit zu erlangen.

Robert konnte während der letzten Jahre in seiner Funktion des Unternehmensberaters weltweit immer wieder ein Muster aufdecken, das die Unternehmen in wirtschaftliche Gefahr bringen konnte oder bereits gebracht hatte:
wenn das Ego des Unternehmens sich über die Seele des Unternehmens erhebt, dann entfaltet sich stetig die Natur der Krise. Wenn das Ego des Unternehmens der Seele des Unternehmens dient, dann entfaltet sich stetig die Natur des Gedeihens.

Wie ist das zu verstehen?

 

Ego und Seele des Unternehmens

Nehmen wir zunächst ein fiktives Beispiel:

König Artus und die Ritter der Tafelrunde bestehen aus einem Rat inklusive des Königs und aus einer großen Anzahl von Truppen.

Es ist die Haltung des Königs, die sich auf alle Beteiligten überträgt. Seine Führung mit seinen Gefolgsleuten geschieht auf Augenhöhe, daher halten sie Rat im Kreis, haben gleiches Sprechrecht, Sprechschutz und ihr Wort wird vom König berücksichtigt. Doch bevor sie sich gemeinsam einem Anliegen widmen, stimmen sie sich in Geist und Herzen ein, um in der rechten Gesinnung und Haltung zu sprechen und zu hören. Dies erfolgt durch ein Ritual, indem gemeinschaftlich ein Leitspruch gesprochen wird, der den Glauben an ihre Vision, Rolle, Funktion und Handlung immer wieder aufs Neue stärkt. Wie es in einer Geschichte verfilmt wurde, könnte es derart klingen:

„Möge Gott uns die Weisheit schenken Recht zu erkennen,
den Willen es zu wählen und die Stärke es durchzusetzen.“

Nachdem alle ihren Beitrag zu einem gewissen Anliegen geteilt haben, bleibt die Entscheidungsgewalt beim König, der weise und zum Wohle aller entscheidet, in Rücksicht auf die Truppen und sein Volk. Alle vertrauen auf diese seine Haltung und seine weise Sicht auf die Dinge, auf seinen Schutz und seinen Rückhalt bis über sein eigenes Leben hinaus. Er gibt sein Herz und Leben. So auch jene, die ihm folgen und es ihm gleichtun.

Jeder Soldat, der als Ritter der Tafelrunde aufgenommen werden will, zeichnet sich durch eben eine solche Haltung aus und gelobt sie feierlich bei seinem Ritterschlag. Das ist die Seele der Ritter der Tafelrunde.

 

Nehmen wir nun ein konkretes unternehmerisches Beispiel:

Ein Hersteller von Verpackungsmaschinen beginnt mit einem kleinen Unternehmen und erwirbt über ein paar Jahrzehnte hinweg durch eine Akquisitionsstrategie mehr als 80 weitere Unternehmen dazu. Er spezialisiert sich auf die globalen Bedarfe der Fertigungstechnologie für die Verpackungs-, Papier-, Wellpappen- und Folienindustrie.

Während einer massiven weltweiten Finanzkrise verliert das Unternehmen 30% seiner Haupteinnahmen und kann seine Arbeitnehmer nicht mehr bezahlen. Sie halten Rat. Der Unternehmer wird mit Rettungsstrategien konfrontiert, die bedeuten würden, viele seiner Mitarbeiter/innen zu entlassen und einige Betriebe zu schließen.

Er nutzt seine Entscheidungsgewalt, er nutzt sie nicht aus. Im Einvernehmen mit allen „Ratsmitgliedern der Tafelrunde“ ordnet er als Verantwortlicher eine andere Maßnahme an. Letztlich wird die Krise wird ohne Entlassungen oder Schließungen bewältigt. Das Unternehmen befindet sich in Privatbesitz und hat heue einen Umsatz von inzwischen 2 Milliarden Dollar mit einer jährlichen Wachstumsrate von kontinuierlich 20% innerhalb der letzten 20 Jahre.

Wäre das Ego des Königs oder des Unternehmers über die Seele des Verbundes hinweg gegangen, dann hätte sich die Krise entfaltet, indem nämlich Menschen den Eigeninteressen geopfert worden wären, sei es für vorüber gehenden Ruhm oder für vorüber gehende Umsatzzahlen. Vorübergehend deshalb, weil die Menschen, die noch im Verbund verbleiben, ihr Vertrauen, ihre Loyalität und ihren vollen Einsatz für den Anführenden und für das Gemeinsame verloren hätten. Wenn das eintritt, dann ist der kostbarste Trieb für Gedeihen nicht mehr vorhanden.

Wie wurde also stattdessen gehandelt?

 

CS – corporate Soul bei dem Verpackungshersteller

Nachdem der Unternehmer alle aus seinem „Rat“ wertschätzend angehört hatte, sagte er:
„Es ist besser, wir leiden alle ein bischen, als dass auch nur einer von uns ganz stark darunter zu leiden hat.“

Mit seiner Entscheidungshoheit ordnete er eine Maßnahme zum Wohle aller an, die von allen gleichermaßen getragen wie zu erfüllen war: jeder einzelne Mitarbeiter jedweder Funktion und Abteilung hatte einen Monat unbezahlten Urlaub zu nehmen. Diese vier Wochen mussten nicht am Stück genommen und der Zeitpunkt konnte selbst gewählt werden.

Es ergab sich, dass diejenigen im Unternehmen, die sich diese Auszeit finanziell leichter als andere leisten konnten, miteinander Unterstützungsverhandlungen ausmachten, so dass es einem jeden möglich wurde, diese Bedingung zu erfüllen. Die Menschen haben sich von dem Unternehmer geschützt, wertgeschätzt, geachtet und bedacht gefühlt. Weder er selbst noch sein Vorstand haben in der Krise zum eigenen Vorteil gehandelt oder sich verhalten. Eine solche Haltung überträgt sich auf die Kunden, auf die Produktion, auf die Zahlen.

Die CS – Seele des Unternehmens – erhält ihre Wahrheit und gelebte Lebendigkeit an allererster Stelle durch die Hingabe, den Beitrag und dem Dienen des Unternehmers. Es ist seine Haltung. Sie wirkt wie ein Gedeihen-Virus, der sich auf alle im Unternehmen und darüber hinaus überträgt und jene Kräfte freisetzt, die weder durch Anordnung, Druck oder Autorität erreicht werden können: freiwilliger Höchsteinsatz aller Beteiligten.

Der Unternehmer heißt Bob Chapman und er leitet das Barry-Wehmiller Unternehmen. Dort wird von den Führungskräften Erfolg durchweg an etwas ganz Bestimmtem bemessen: dem Maß, wie stark sie das Leben von Menschen berühren. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte hat Chapman immer weiter weg geführt von dem, was man ein klassisches Management nennen würde, hin zu dem, was er als „Truly Human Leadership“ bezeichnet. Es ist ein menschenorientierter Ansatz von Business, bei dem sich die Angestellten wertvoll, umsorgt und sich als integralen Teil der Unternehmensvision empfinden. Die Erfahrungen, die Chapman auf diese Art von Leadership gesammelt hat, hielt er in seinem Buch fest: „Everybody matters: The extraordinary power of caring for your People like Family.“ („Ein jeder zählt: Die außergewöhnliche Kraft, wenn Du Menschen achtest, wie Deine Familie.“)

Und nun die Aufnahme in die Tafelrunde:

nach welchen Kriterien wird Chapman bzw. sein Assessment Team jemanden einstellen? Nach einer leistungsstark klingenden Vita? Nach tadellosen Noten und Abschlüssen? Er und sein Team werden vorwerg einmal die Gesinnung spüren, die Bereitschaft fühlen, die jemand innehat und ausstrahlt und spontan zu formulieren weiß. Sie werden für sich prüfen und nachspüren, ob derjenige zu ihnen passt, gemäß ihrer Unternehmens-Seele. Natürlich gibt es auch Blender und hier wird erst mit der Zeit die Kostümierung sichtbar. Dann gilt es seine Unternehmens-Seele zu sichern und kraftvoll zu halten.

 

Fazit:

Als Mensch sind wir von Natur aus auf das Miteinander und auf Kooperation programmiert, auf Entwicklung, Fortschritt, Gestaltung in Gemeinsamkeit: The survival of the fittest – sprich die Anpassungsfähigkeit, sich in kollektiver Intelligenz durch stete Veränderungen am besten fortentwickeln zu können. Unter solchen Bedingungen treten Menschen dann in das volle Potential des schönsten Ausdrucks ihrer jeweiligen Gaben.

Allein schon aus menschlicher, aber auch aus neurobiologischer Sicht, verursachen die positiven Gefühle von Sicherheit und Geborgenheit (Verbundenheit) einerseits und von Selbstwirksamkeit und eigener Weiterentwicklung (Freiheit) die ideale Ausschüttung der relevanten neurobiologischen Transmitter für Begeisterung, Loyalität, Zusammenhalt, Wertschätzung und freiwilligen höchsten Einsatz. Dies setzt allerdings völlig andere, achtsame Bedingungen voraus, die einer gänzlich anderen Unternehmerkultur entstammen, wie sie auch auf der Podiumsdiskussion auf dem Vision Summit in Berlin diskutiert wurden.

Be-Geist-erung.

Der „Spirit“ zeigt sich in der Seele des Unternehmens und tritt mit dem Menschen in Resonanz, die es leben. Diese naturgegebenen Automatismen laufen in uns ab, ob wir das wollen oder nicht. Wer sie bewusst zu spüren weiß, der hat große Chancen, passende Menschen in seiner Runde aufzunehmen. Das bedeutet Conscious Leadership.

Verleihen wir der Corporate Soul also Flügel und Wurzeln zugleich!